Aktuelles

Sonntag, 18. Juni 2017

Sich vom Geist Gottes heraus rufen lassen

Konstruktive Kritik und Ermutigung bei der Resonanzveranstaltung in Saarbrücken

Martina Paulus, Synodale und Krankenhausseelsorgerin machte den Gläubigen in Saarbrücken und dem Saarland Mut, die Chancen, die die neuen Räume bieten, zu ergreifen.

Saarbrücken – „Wer sich auf den Geist Gottes einlässt, kann Dinge tun, die er vorher selbst nicht gedacht hätte!“ Mit diesen einfachen Worten hat Regina Schröder die mehr als 200 Gläubigen, die am Freitag, dem 16. Juni, zur vorletzten Resonanzveranstaltung zur Raumgliederung des Bistums Trier in die Kirche der Jugend eli.ja nach Saarbrücken gekommen waren, tief berührt. Frau Schröder engagiert sich ehrenamtlich im Projekt „Frauen(t)raum“, der Frauenkirche im Dekanat Völklingen. Zusammen mit Gemeindereferentin Heidelinde Bauer stellte sie das Projekt vor. Die Resonanzveranstaltungen sind Informations- und Diskussionsforum über die Umsetzung der Synode, und vor allem über den Entwurf zur Neustrukturierung des Bistums in 35 „Pfarreien der Zukunft“. Im Rahmen dieser Veranstaltungen werden jeweils zwei Projekte aus den Regionen exemplarisch vorgestellt, die zeigen sollen, wie die Umsetzung der Synode jetzt schon gelebt wird.

Das Projekt „Frauen(t)raum“ in der Pfarreiengemeinschaft Riegelsberg-Köllerbach ist eines dieser beispielhaften Projekte, die neue Wege gehen. „Die Hauptamtlichen sind Wegbegleiter, sie sind mit uns unterwegs“, erzählte Regina Schröder. „Sie achten darauf, dass möglichst viele Talente und Begabungen der Frauen mit einfließen. Entscheidungen werden immer gemeinsam gefällt.“ Damit setzt das Projekt Frauenkirche zwei der sogenannten Perspektivwechsel, die das Abschlussdokument der Synode nennt, jetzt schon in die Praxis um: „Vom Einzelnen her denken“ und „Charismen vor Aufgaben in den Blick nehmen“. Der dritte Perspektivwechsel „Weite pastorale Räume einrichten und netzwerkartige Kooperationsformen verankern“ ist nun der erste, der im Bistum umgesetzt werden soll. Aus den von der Synode vorgeschlagenen 60 Pfarreien der Zukunft sind nach dem ersten Entwurf, den das Bistum Ende März vorgelegt hat, 35 geworden – die heftig umstritten sind. Dieser Kritik stellten sich am Freitagabend Bischof Dr. Stephan Ackermann, Weihbischof Robert Brahm, Generalvikar Dr. Ulrich Graf von Plettenberg, der Direktor des Strategiebereichs Ziele und Entwicklung im bischöflichen Generalvikariat, Dr. Gundo Lames sowie Dechant Clemens Grünebach, Leiter der Teilprozessgruppe Raumgliederung.

Die erste Rückmeldung aus den Reihen der Gläubigen an die Bistumsleitung betraf die Reihenfolge der Umsetzung der Synode. Margret Spaniol aus der Pfarrei Maria Königin in Saarbrücken fasste ihr Unbehagen in Worte: „Ich bin enttäuscht von der Synode, weil jetzt wieder nur die Strukturen im Vordergrund stehen und der Glaube nicht vorkommt.“ Bischof Ackermann gestand in seinem Grußwort, dass er die Umsetzung der Synode auch lieber mit Inhalten begonnen hätte, die Räte ihn aber davon überzeugt hätten, zunächst mit dem Rahmen, sprich der Struktur zu beginnen. Dechant Grünebach erklärte: „Die Synode hat sich zwei Jahre lang mit Inhalten beschäftigt. Was jetzt als erstes das Licht der Welt erblickt, ist die Struktur, aber auch dahinter steckt ein inhaltlicher Prozess.“

Zu dieser neuen Struktur wurde in Saarbrücken aber vor allem konstruktive Kritik geäußert, wie zum Beispiel von Dr. Harald Cronauer, Pfarreienratsvorsitzender in Quierschied: „Als Quierschieder kann ich nicht verstehen, dass wir zur Pfarrei der Zukunft Neunkirchen zugehören sollen. Wir sind Teil des Stadtverbands Saarbrücken. Es wäre fatal, wenn diese Entwicklung stattfinden würde. Mein Plädoyer: Quierschied zu Saarbrücken!“ Auch Tina Wagner, Pastoralreferentin im Dekanat Saarbrücken kritisierte die Zuordnung bestimmter Gebiete. Ihr ging es vor allem um das Sulzbach-Fischbach-Tal: „Ich habe keine Angst vor großen Räumen und kenne die Chancen, die darin stecken“, sagte sie. „Aber beim Blick auf den Entwurf war ich entsetzt. Wir haben gerade erst einen Fusionsprozess zwischen den Dekanaten Sulzbach und Saarbrücken hinter uns, der sehr schmerzhaft war. Jetzt heißt es: Ihr müsst nach Neunkirchen.“ Diese Rückmeldungen wird Christian Grünebach mit zurück nach Trier nehmen. „Wir hoffen von Ihnen Bestärkung oder gute Argumente zur Veränderung des bisherigen Entwurfs“, hatte er zu Beginn der Veranstaltung gesagt. Die bisher gezeichnete Landkarte wird bis Herbst noch einmal überarbeitet werden und die Kritik, die auf den Resonanzveranstaltungen geäußert wurde, wird dort mit einfließen.

Es gab an diesem Abend aber nicht nur konstruktive Rückmeldungen: gerade vor den Herausforderungen der neuen Strukturen haben viele der Gläubigen Angst. Auch das wurde am Freitagabend in Saarbrücken wieder deutlich. Sarah Henschke, Gemeindereferentin in Nonnweiler fasste diese Sorgen sehr eindrucksvoll in Worte: „Ich erlebe seit Wochen und Monaten die Angst der Leute, die sagen: ‚Jetzt müssen wir schon wieder von vorne anfangen‘. Die Strukturreform 2020 hängt immer noch nach. Niemand glaubt wirklich daran, dass es schon irgendwie gehen wird.“ Eine sehr eindrucksvolle Reaktion darauf bekam sie aus den Reihen der Gläubigen selbst. Martina Paulus, Synodale und Pastoralreferentin in der Marienhausklinik St. Josef, Kohlhof, stellte sich an das Mikrofon und drehte es kurzerhand zum Publikum um. „Angst um Arbeitsstellen wie die Pfarrsekretärinnen – diese Angst kann ich verstehen, die ist gerechtfertigt“, sagte sie an die Menschen in der Kirche gewandt. „Aber in diesen neuen Räumen gibt es so viele Chancen. Gucken Sie lieber auf die Inhalte der Synode. Ich will Ihnen das Abschlussdokument der Synode ans Herz legen. Denn es geht in diesem Dokument eben vor allem um den Inhalt: es geht um eine diakonische Kirchenentwicklung, es geht darum, vieles noch einmal anders anzugehen, es geht darum, den Einzelnen im Blick haben. Diese Synode wurde wirklich vom Geist Gottes geprägt.“ Pfarrer Gabriel aus Neunkirchen tat es ihr gleich, auch er wandte sich den Gläubigen zu und ergänzte: „Wer nur zu Hause bleibt, lernt außer seinem Wohnzimmer nichts kennen!“

Bericht der Pressestelle des Bistums


Sonntag, 11. Juni 2017

Zwischen Besorgnis und Begeisterung

Resonanz-Veranstaltung zur Synodenumsetzung in Dillinger Stadthalle

Bischof Dr. Stephan Ackermann (l.) und Manfred Thesing (r.), Vorsitzender des Katholikenrates bei der ersten saarländischen Resonanz-Veranstaltung zur Umsetzung der Synode.

Dillingen – „Wir befinden uns in einer Krisensituation. Hätten wir keine Not, hätten wir die Synode nicht gebraucht.“ Mit diesen drastischen Worten wandte sich Bischof Dr. Stephan Ackermann am vergangenen Freitag an Menschen in der Dillinger Stadthalle. Über 300 Priester, haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie viele Interessierte aus den Dekanaten und Pfarreien im Saarland waren der Einladung des Bischofs zur Resonanz-Veranstaltung zur Umsetzung der Synode gefolgt. Vorrangiges Thema war der Entwurf zur Raumgliederung des Bistums. Demnach sollen aus den bisher über 170 Pfarreien 35 Pfarreien der Zukunft werden. Die Veranstaltung in Dillingen diente als Forum zum direkten Austausch mit dem Bischof und den Verantwortlichen im bischöflichen, die die Rückmeldungen mit in den endgültigen Plan zur Raumgliederung einfließen lassen werden.

Die Rückmeldungen aus dem Publikum fielen ganz unterschiedlich aus. Von tiefer Besorgnis und Ängsten, die Kirche schaffe sich durch die neuen Räume ab, bis hin zu großer Begeisterung über die Chancen und Vorteile, die sich künftig bieten werden. Sorgen bereiteten vielen vor allem die Größe der neuen Pfarreien der Zukunft. So soll es laut dem Entwurf beispielsweise eine Pfarrei der Zukunft Lebach geben, die von Illingen bis Schmelz reichen soll, mit Lebach als künftigem Pfarrort. „Die neuen Räume sind schlüssig, aber man vergisst die Leute vor Ort“, sagte Karl-Heinz Wagner, der sich an diesem Abend als erster an eines der Mikrofone im Publikum getraut hatte. „Wenn die große Pfarrei kommt, mit 40 Kirchen und 40 Kapellen – wer will in so einer riesigen Pfarrei noch ehrenamtlich in einem Verwaltungs- oder Pfarrgemeinderat sitzen? Und welchen Bezug hat derjenige zur Kapelle in Reisbach, oder Bieringen, oder wo auch immer?“ Manfred Thesing, Vorsitzender des Katholikenrates und Mitglied in der Teilprozessgruppe Raumgliederung stand neben Bischof Ackermann auf dem Podium und sagte: „Wir können in Zukunft nicht von einem Pfarrgemeinderat wie bisher ausgehen. Wir brauchen synodale Beteiligung in den Pfarreien der Zukunft. Wir müssen hier neue Strukturen finden. Auch die Arbeit des Verwaltungsrates wird anders aussehen: bisher waren die Verwaltungsräte ein hörendes und beratendes Gremium, diese Aufgabe muss intensiver und aktiver werden.“ Thesing verwarf auch die Idee, durch die neuen Strukturen würde kein kirchliches Leben mehr in den Orten stattfinden: „Zunächst wird sich nichts ändern: die Menschen sind noch da und die Hauptamtlichen sind auch noch da. Ändern wird sich vor allem, dass in dem neuen Pfarrort eine ständige Erreichbarkeit herrscht und die Verwaltung durch die neuen Leitungsteams gesichert ist.“ Mechthild Schabo, Direktorin des Zentralbereichs „Pastoral und Gesellschaft“ im Bischöflichen Generalvikariat Trier ergänzte die Frage nach den neuen Pfarrorten. Diese werden nicht die einzigen Anlaufstellen in den großen Räumen sein: „Wir brauchen viele Anlaufstellen auch vor Ort. Das gibt es aber auch schon: KiTas sind beispielsweise die erste Anlaufstelle für Fragen rund um Erziehung. Seelsorgerinnen und Seelsorger sollten dort sein, wo Menschen sich versammeln und unterstützt werden sollen.“ „Wir leben in einer Gesellschaft, in der es ganz andere Mobilität und Freiheit gibt. Aber damit müssen wir umgehen können und diese Anstrengung wollen wir unternehmen“, fasste der Bischof die Herausforderung der Umsetzung der Synode zusammen.

(dh) Bericht der Pressestelle des Bistums